Gastkommentar zum Kulturgutschutzgesetz von Dr. Hermann Otto Solms im Weser Kurier

Der Gesetzentwurf zum ‚Schutz‘ von Kulturgut war von Anfang an falsch begründet und handwerklich wie inhaltlich schlecht gemacht. Er will Kulturgüter von national herausragender Bedeutung angeblich unter Schutz stellen. Doch in Wirklichkeit soll der Handel aller Kulturgüter ab einem gewissen Wert zustimmungspflichtig werden. Der Kunstmarkt in Deutschland würde zerstört, der Handel von Kunst- und Kulturgütern ins Ausland verdrängt. Ein Schaden für die gesamte Kulturlandschaft Deutschlands.

Die Geister, die Monika Grütters gerufen hat, wird sie nun nicht mehr los. Die Bundesländer wollen sogar noch schärfere Regelungen. Obwohl die Staatsministerin mit ihrem umstrittenen wie unnötigen Gesetz den Stein selbst ins Rollen brachte, appellierte sie an die Länder, eine Verschärfung zu vermeiden.

Die Ländern wollen etwa keinen externen Sachverständigenrat, sondern die alleinige Entscheidungshoheit – und zwar durch Verwaltungsbeamte statt durch Kunst-Experten. Den damit verbundenen Mehraufwand wollen sie sich großzügig entschädigen lassen. Zeitliche Fristen zum Beispiel für Ausfuhrgenehmigungen wollen sie streichen. Sammler und Händler wissen damit nicht, ob oder wann sie mit Kunstwerken handeln können. Eine Beteiligung an Auktionen und Messen wird dadurch unmöglich. Die Länder beweisen damit nur eines: Es geht ihnen in erster Linie um die Stärkung ihres Einflusses, nicht um den Schutz der Kulturgüter. Insgesamt erweckt das Gesetz den Verdacht, dass im großen Stil Informationen über den Privatbesitz in Deutschland gesammelt werden sollen, um sich Zugriff auf privates Eigentum zu verschaffen.

Nicht zuletzt ist das Gesetz ein kompletter Paradigmenwechsel. Bisher können Kulturgüter frei gehandelt werden. Es sein denn, es sind ganz herausragende Gegenstände, die auf einer speziellen Liste unter Schutz stehen. In Zukunft sollen alle Kulturgüter ab einem gewissen Wert Deutschland nur noch verlassen dürfen, wenn Landesbeamte dem zustimmen.

Das ist das genaue Gegenteil von dem, was wir in Deutschland und Europa unter freiem Handel verstehen und wie wir diesen praktizieren. Wir verhandeln einerseits sogar über ein Freihandelsabkommen mit den USA. Andererseits wollen wir einen so wichtigen Bereich wie den der Kulturgüter nicht nur renationalisieren, sondern sogar länderspezifischen Interessen unterwerfen. Das ist aus europa- wie ordnungspolitischen Gründen völlig unakzeptabel.

Wir haben ein Gesetz aus dem Jahre 1955, das mit seinem Listenprinzip völlig ausreichend ist. Darüber hinausgehende Regelungen führen dazu, dass der Kunstmarkt hierzulande ausgetrocknet wird. Deutschland könnte sich an besseren Modellen des Kulturgutschutzes orientieren. Diese gibt es etwa in England, Frankreich, in den Niederlanden und auch in Belgien.

Den Originalbeitrag finden Sie hier zum Download:
gko.solms_211215_Weser_Kurier_KGSG