„3 Fragen zum Eigentum“ an Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann

Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz

Der Bundesminister der Justiz ist in besonderem Maße für die Kohärenz der Rechtsordnung verantwortlich. Welche Rolle spielt die Eigentumsidee in der Sicherung guter Gesetzgebung?
Eigentum ist eine Grundlage von Freiheit: Es eröffnet dem Einzelnen die vermögensrechtliche Basis für die selbstbestimmte Verwirklichung des eigenen Lebensentwurfs. Dieser Einsicht trägt die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes Rechnung. Nicht nur Verwaltung und Rechtsprechung, sondern auch der Gesetzgebung zieht sie Grenzen. Regelungen, die zu Eingriffen in Eigentumspositionen führen, sind nur dann zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerecht-fertigt sind. Die Ambition guter Gesetzgebung kann sich nach meiner Überzeugung indes nicht darin erschöpfen, die verfassungsrechtlichen Grenzen ihrer Gestaltungsmacht einzuhalten. Gute Gesetzgebung muss durch das Bestreben geleitet sein, die freiheitsichernde und wohlfahrtsfördernde Kraft des Eigentums zur vollen Entfaltung zu bringen. Die Sozialbindung des Eigentums darf sie dabei natürlich nicht aus dem Blick verlieren.

Steuern, Gestaltungsvorgaben, Umweltschutzauflagen: Von der Freiheit des Eigentumsgebrauchs bleibt im Alltag oft wenig übrig. Schützt Art. 14 GG hinreichend vor solchen „kumulativen Eigentumseingriffen“?
Kumulative Grundrechtseingriffe sind eine Herausforderung für die rechtsstaatlich verfasste Freiheit – auch und gerade, wenn es um die Freiheit des Eigentums geht. Aus meiner Sicht sind hier vor allem Politik und Gesetzgebung in der Verantwortung. In erster Linie müssen sie das große Ganze im Blick behalten – und dafür eintreten, dass viele, für sich genommen viel-leicht zumutbare Belastungen in ihrer Gesamtwirkung nicht das Maß des Zumutbaren über-schreiten. Das gilt für Eingriffe in das Eigentum genauso wie für Eingriffe in die Privatsphäre oder in andere Freiheitsrechte. Ob Politik und Gesetzgebung dieser Verantwortung in der Vergangenheit immer gerecht geworden sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Dass die Einschränkungen der Eigentumsfreiheit in Deutschland generell das zumutbare Maß überschritten hätten, entspricht allerdings nicht meiner Wahrnehmung.

Gesellschaftliche Ziele lassen sich am besten über Anreize erreichen, nicht über Pflichten. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Eigentumsidee noch besser zu nutzen, um das Eigentum für soziale und ökologische Bedürfnisse fruchtbar zu machen, etwa zur Wohnraumversorgung oder im Klimaschutz?
Wenn es um Klimaschutz geht, um Schaffung von Wohnraum, um die Bewältigung der Pandemie oder um andere Zukunftsaufgaben, dann ist Eigentum kein Hindernis, sondern wichtiger Teil der Lösung. Menschliche Kreativität und Schaffenskraft entfalten sich besser unter den Bedingungen von Freiheit und Wettbewerb als unter Dirigismus und Zwang; und Eigentums-rechte setzen wichtige Anreize für Investition und Innovation. Als Bundesminister der Justiz setzte ich mich dafür ein, dass die Gesetzgebung diesen wichtigen Gedanken konsequent beherzigt. Die Vorstellung schrankenlosen Eigentums wäre eine Schimäre. Doch darf das Eigentum auch nicht seines materiellen Kerns beraubt werden: egal ob im Mietrecht, bei der CO2-Bepreisung oder beim Investitions- und Erfinderschutz.

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